Wie man Jahre lang ohne Asylgrund in Österreich leben kann - Schlaglicht auf das Asylwesen im Fall Leonie
Leser des „Tagebuchs“ von Andreas Unterberger werden über das Ping-Pong-Spiel zwischen den für Asylfragen zuständigen Instanzen im Fall des 18-jährigen eines Mordes verdächtigen Afghanen nicht verwundert sein. Ein besonders krasser Fall wurde im Tagebuch vor Kurzem aufgezeigt.
Aus dem vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu diesem Fall veröffentlichten Stellungnahme sind geradezu idealtypisch die Grundzüge vieler derartiger bei den Gerichten anhängiger Verfahren ersichtlich:
- Die Einreise erfolgte während der Flüchtlingswelle 2015, ermöglicht durch die damals ins Leben gerufene „Willkommenskultur“.
- Der Asylantrag wurde bereits 2016 vom BFA abgelehnt: Wieder ein Fall eines „Verfolgten“, der gar nie einer war.
- Durch die behauptete Minderjährigkeit (die nie überprüft wurde) erhielt der Asylwerber vom BFA subsidiären Schutz zuerkannt. Offenbar ist einem Minderjährigen ein Leben in Afghanistan bei seinen Eltern oder Verwandten nicht zumutbar, wenn er bereits ein Jahr lang in Österreich aufhältig war. Dass ihm dort keine Verfolgung droht, war aber für die österreichische Verwaltung bereits erwiesen.
- Nach zwei Verurteilungen wegen Suchtgiftdelikten wurde ein Aberkennungsverfahren vom BFA eingeleitet und der subsidiäre Schutz aberkannt.
- Als Rechtstitel zitiert das BFA dafür den §9 Abs (2) Asylgesetz, offenbar die Ziffer 2, wonach bei „Gefahr für die Allgemeinheit“ aufenthaltsbeendende Maßnahmen von Amts wegen gesetzt werden müssen.
- Der in Politikerreden stets geforderte Automatismus, bei einem Verbrechen (also Strafdrohung über 3 Jahre) sofort abzuschieben ist in Ziffer 3 geregelt: Allerdings, wie im Fall eines somalischen Asylwerbers dargelegt greift dieser Paragraph „dank“ eines EuGH Urteils nicht mehr.
- Natürlich berief der Afghane unterstützt durch eine noch nicht namentlich bekannte NGO gegen den Bescheid des BFA beim BVwG, der nächst höheren Instanz (Dass sich selbst für härteste Verbrechen NGOs finden, die eine Berufung finanzieren, zeigt der Fall einer Home Invasion).
- Das Verfahren gegen den „18“-jährigen Afghanen ist daher noch im Laufen und so war er in der vorigen Woche noch in Österreich aufhältig.
Wer nun die Schuld beim BVwG sieht, sollte sich aber etwas
tiefer mit der Materie befassen: der Fisch stink nämlich immer vom Kopf. Der
Kopf in diesem Fall ist der österreichische Verfassungsgerichtshof, der im
Asylwesen längst nicht mehr die Rolle eines die Verfassung hütenden Gerichtes
einnimmt, sondern kleinste Details aus den Urteilen der unteren Instanzen
moniert, sowie vollkommen unrealistische Arbeits- und Prüfaufträge verteilt.
Wer also wissen will, warum das BVwG zwei Jahre gebraucht
hat, um ein (angesichts der Minderjährigkeit ohnehin aussichtsloses) Verfahren gegen
einen aufgrund eines Suchtgiftdeliktes verurteilten Afghanen zu führen, der
muss nur in die letzten Urteile des VfGH blicken:
-
Es könnte sein, dass das BVwG damit beschäftigt
war die Clan-Anbindung
eines somalischen Asylwerbers in der Provinz Bula Hawa zu überprüfen.
-
Vielleicht aber war der zuständige Richter
soeben dabei, die Jobchancen
eines afghanischen Asylwerbers in der Provinz Mazar-i-Sharif zu eruieren.
-
Möglich wäre auch, dass der BVwG damit
ausgelastet war, die Situation
von Jugendlichen in der irakischen Provinz Diyala zu erheben.
Das ist nur ein kleiner Auszug aus den vom VfGH mit
„ungenügend geprüft“ an den BVwG zurückgeworfenen Fällen.
Selbst wenn der BVwG den Fall für sich abgeschlossen hätte,
wäre dem Afghanen der Weg zum VfGH offen gewesen und wie das oben zitierte
Urteil des somalischen Asylwerbers zeigt, und angesichts seiner
Minderjährigkeit, mit beträchtlichen Erfolgschancen.
Die von Staatssekretärin Edtstadler geforderte Verschärfung
des Asylrechtes und „raschere Abschiebungen“ werden so natürlich nie
stattfinden:
- Dazu ist das Asylrecht bereits in Österreich zu verästelt
- Dazu ist es mit dem subsidiären Schutz bereits zu ausgehebelt
- Dazu hat der Gesetzgeber im VfGH einen deklarierten und aktivistischen Gegner
- Dazu hat das EU-Recht bereits zu sehr den Spielraum der heimischen Politik eingeschränkt
- Dazu entwickelt der EuGH dieses EU-Recht noch ständig weiter
Eine Verschärfung des heimischen Asylrechts ist somit vollkommen unrealistisch. Es benötigt einen kompletten Umbau, natürlich auf europäischer Ebene. Die von Dänemark propagierten Erstaufnahmezentren in Drittstaaten könnten dazu ein Anfang sein: zumindest die enorm wachsende Zahl der Fälle von „subsidiär Schutzberechtigten“ sollten erledigt werden können.
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