Clan-Bindungen in Bula-Hawa (VfGH)
Der Fall E2576/2020
Ein
somalischer Staatsbürger sunnitisch-muslimischen Glaubens stellte am 7. Juli
2015 einen Asylantrag in Österreich. Dieser wurde am 9. August 2017 vom BFA (1.
Instanz) abgelehnt. Die dagegen erhobene Berufung wurde erst am 17. Juni 2020 vom
BVwG entschieden und abgelehnt, und eine Abschiebung nach Somalia für zulässig
erklärt. Gegen diesen Bescheid beruft der Somalier nun im gegenständlichen
Verfahren vor dem VfGH.
Die
Entscheidung
Der Berufung
wurde stattgegeben. Wieder einmal hat sich ein österreichisches Gericht der
Rassendiskriminierung schuldig gemacht. Das BVwG war der Meinung, der
Beschwerdeführer werde im Stande sein als „junger, gesunder, arbeitsfähiger
Mann seinen Lebensunterhalt kraft eigener Arbeit zu bestreiten“. Keiner
vulnerablen Personengruppe angehörend, bestünden auch Bindungen zu einem Clan,
Kämpfe in der Region hätten zwar Anfang 2020 stattgefunden und zu 11 toten
Zivilisten geführt, mittlerweile herrsche aber wieder Friede, eine Heuschreckenplage
betrifft die Region nur peripher. Der VfGH meint dagegen, dass die
Sicherheitslage in Somalia sehr volatil sei, es Bombenanschläge und
Entführungen gäbe. Zudem wurde auch vom vorherigen Gericht behauptet, es gäbe
eine Unterstützung durch den eigenen „Clan“, ohne, dass dies geprüft oder
begründet wurde. Vielmehr sei der „Ashraf-Clan“ anfällig gegenüber Ausbeutung,
Übergriffen, Kriminalität und sexueller Gewalt.
Asylwatch
meint dazu
Der Fall ist
ein Lehrbeispiel für die Entwicklung des Asylrechtes. Wer glaubt, es werden
konkrete Menschen vor konkreten Verfolgungen geschützt, irrt gewaltig. Wenn
keine individuelle Verfolgung nachgewiesen werden kann, müssen vor einer
Rückführung Sicherheitslage und Erwerbsmöglichkeiten in Städten wie Bula-Hawa
geprüft werden, einer Stadt, die es auf Wikipedia auf einen 2-zeiligen Eintrag
bringt (auf Englisch). Ein Beschwerdeführer, der von einem der höchsten
Gerichte als vollkommen unglaubwürdig eingeschätzt wird, erhält vom höchsten
Gericht eine Schiene für weiteren Daueraufenthalt in Österreich aufgrund seiner
Zugehörigkeit zu einem Clan und aufgrund einer allgemein „volatilen“ Sicherheitslage.
Die Einzelfallprüfung ist somit wie ein Freundschaftsspiel zweier
Fußballmannschaften, das für das WM-Turnier keine Punkte bringt, egal wie es
ausgeht. Eine möglicherweise stattfindende Verfolgung aufgrund einer
Clanzugehörigkeit und fallweise Bombenanschläge, die per se nie gegen konkrete
Personen gerichtet sind, begründen hierzulande Asyl- und Bleiberechte. Nicht
nur für den konkreten Beschwerdeführer, sondern de facto natürlich für jeden Angehörigen des
Ashraf-Clans aus Somalia, der irgendwie nach Österreich kommt.
Weiters
schreiben die hören Instanzen den unteren immer strengere Prüfschritte vor, in
denen sich diese dann verfangen. So sollte die Feststellung „jung und gesund“
für die Prüfung der Erwerbsmöglichkeiten doch reichen. Eine derartige
Begründung wäre aber sicher viel zu dünn, weshalb noch eine Unterstützung durch
den Clan angefügt wurde. Wie sollte diese aber in irgendeiner Weise seriös geprüft
werden?
Erkenntnisse
Das Asylrecht
wurde von den Füssen auf den Kopf gestellt. Mögliche Verfolgung ersetzt die
konkrete, Gruppenzugehörigkeit die individuelle Prüfung.
Verweise
Link: https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Vfgh&Dokumentnummer=JFT_20201211_20E02576_00
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