Rassendiskriminierung - durch das BVwG (VfGH)

Der Fall: E418/2020

Der Beschwerdeführer - ein afghanischer Staatsbürger - wendet gegen ein Urteil des BVwG, das 1. seinen Asylantrag und 2. seinen Antrag auf subsidiären Schutz abgelehnt, 3. einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, sowie 4. eine Rückkehrentscheidung erlassen, 5. die Abschiebung nach Afghanistan für zulässig erklärt und 6. eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen hat, ein, dass er in seinem Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden ist. 

Die Beschwerde stützt sich darauf, dass die Entscheidung des BVwG nur mündlich verkündet wurde und nur rudimentär begründet wurde.

Die Entscheidung

Der Beschwerde wird was die Verkündung und Begründung betrifft stattgegeben, alle anderen Ansuchen wurden abgewiesen und der Fall an den VwGH verwiesen. 

Asylwatch meint dazu

Es ist wirklich nicht nachvollziehbar, warum der BVwG das Erkenntnis vom 21.10.2019 bis jetzt noch nicht schriftlich ausgestellt hat. Der vor kurzem besprochene "Erste Fall", bei dem keine schriftlich Urteilsbegründung erfolgte, enthält nämlich genaue Hinweise, wann diese entfallen kann - jedenfalls nicht dann, wenn eine Partei auf ein schriftliches Urteil besteht, was hier offenbar der Fall ist.

Warum hier aber gerade das "Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander" berührt sein sollte und sonst nichts, ist rätselhaft. Rassendiskriminierung durch BVwG sozusagen. Offenbar bedarf es dieser rechtlichen Konstruktion (und es ist nur eine Konstruktion, denn wer glaubt denn wirklich, dass dem BVwG z.B. Somalier lieber sind als Afghanen), um hier überhaupt eine Verfahren in Österreich zu führen. 

Weiters moniert der VfGH, dass die mündliche Begründung nur rudimentär erfolgt sei und die Auseinandersetzung mit Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ungenügend erfolgt. So sei die Feststellung, dass die Versorgungssituation in Afghanistan angemessen sei, ohne nähere Begründung erfolgt. Moniert wird auch die Verwendung von Textbausteinen. 

Je höher das Gericht, desto lebensfremder. Dieser Grundsatz drängt sich bei der ersten Reise durch die Instanzen durch. Der VfGH verlangt allen Ernstes eine genaue, individuelle Prüfung, ob Herr XY in afghanischen Großstädten wie Kabul oder Mazar-e Sharif für seinen Lebensunterhalt sorgen könnte. Gerne würde man das Gericht fragen, ja wieso denn nicht?! In diesen Städten leben Millionen Menschen, es gibt überhaupt keinen Grund warum ein arbeitsfähiger Mann und mit 24 Jahren im besten Alter, dort nicht seinen Unterhalt erarbeiten können sollte. Zudem: wie sollte das BVwG oder jetzt bald der VwGH diese Prüfung durchführen? Die naheliegende Methode, sich auf eine Einschätzung eines Berichtes zu verlassen und diesen zu zitieren, ist dem Gerichtshof ja zu "rudimentär". Sollte das BVwG oder jetzt bald natürlich der VwGH selber Nachschau halten? Bzw. einen eigenen Gutachter beauftragen, der Frage nachzugehen ob ein 24-jähriger Herr XY, wenn er denn irgendwann nach Afghanistan abgeschoben wird, in Kabul wird leben können? Man verbleibt hier vollkommen erstaunt über die völlige Lebensfremdheit des höchsten Gerichtes. Es verwundert da auch schon weniger der folgende, letzte Punkt.

Der hier besprochene Fall läuft seit dem 12. Dezember 2014, an dem der Asylantrag gestellt wurde. Dieser wurde am 7. Oktober 2017 abgewiesen. Natürlich wurde gegen dieses Erkenntnis berufen und die Berufung weitere 2 Jahre später, am 21. Oktober 2019 abgewiesen. Ein weiteres Jahr später erfolgt dieses Erkenntnis des VfgHs und die nun bald 6-jährige Reise durch die Instanzen geht nun mit dem VwGH weiter. Nach einem weiteren Jahr? In all dieser Zeit, gibt es kein einziges Gericht, das einen Asylgrund hätte finden können, aber mit Gutachten und Berufungen sind die Gerichtshöfe perfekt beschäftigt und Herr XY wird wohl dann irgendwann hier bleiben können, auch wenn kein Asylgrund jemals gefunden wurde. 

Erkenntnisse

Der Elfenbeinturm ist dicht bewohnt und Verwaltungsrichter müssen Jobchancen in den entlegensten Städten beurteilen. Warum die Verfahren so lange dauern? Wohl wegen der endlosen Berufungen, die völlig ohne pekuniäre Folgen angestrengt werden können, selbst wenn in unzähligen Verfahren nie ein Asylgrund gefunden werden konnte. 

 

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