Abschiebung in EU-Staat Griechenland - nicht möglich (VfGH)

Der Fall: E670/2020 ua

Eine alleinerziehende staatenlose Asylwerberin mit zwei minderjährigen Kindern hat drei Jahre lang in Griechenland in Asyllagern gelebt. Sie ist nun offenbar nach Österreich gekommen und ihre Asyl- und sonstigen Anträge wurden von den vorherigen Instanzen abgelehnt. Im jetzigen Verfahren vor dem VfGH geht es darum, dass sie gegen ihre angeordnete Außerlandesbringung nach Griechenland beruft, mit der Begründung, die Vorinstanzen hätten sich nicht ausreichend mit der dortigen Versorgungssituation auseinandergesetzt.

Die Entscheidung

Der VfGH gibt der Berufung statt. Es handelt sich um eine besonders schutzbedürftige Person mit Kindern und ein pauschaler Verweis auf darauf, dass die Frau bereits 3 Jahre lang in Griechenland gelebt habe (also die Versorgung dort offenbar gegeben sei) und es auch NGOs gäbe, reicht nicht aus. Durch den Verzicht auf eine genaue Prüfung hat sich das BVwG der Rassendiskriminierung unter Fremden schuldig gemacht.

Asylwatch meint dazu

Und wieder ein Fall der Rassendiskriminierung in Österreich. Das VfGH Urteil listet diesmal die Grundsätze auf, aus denen diese abgeleitet werden kann. Da es offenbar Fremde in Österreich gibt, die freie Kost und Logis genießen, kann man dies anderen Fremden nicht einfach so ohne detaillierte Begründung vorenthalten. Das dürfte hier offenbar die Logik sein.

Nachdem der VfGH in einem vorigen Urteil seine Vorinstanzen gerügt hat, die Jobchancen eines afghanischen Asylwerbers in Mazar-i-Sharif ungenügend geprüft zu haben, wird diesmal die ungenügende Prüfung der Versorgung von Asylwerbern im EU-Mitgliedsstaat Griechenland gerügt. Nun ist es tatsächlich so, dass die entsprechenden Fernsehbilder aus Griechenland keinen guten Eindruck vermitteln, was die Versorgung von Asylwerbern betrifft. 

Allerdings schwebt dem Gericht offenbar vor, dass jedem Fremden eine schlechtere Behandlung als in Österreich aus dem Verbot der Rassendiskriminierung nicht zumutbar ist. Das bedeutet ganz einfach, dass zwar Asylgesuche zunächst detailliertest zu prüfen sind, wenn aber dennoch ein Antrag als unbegründet abgewiesen wird, eine Außerlandesbringung vulgo Abschiebung in keinem einzigen Fall gerechtfertigt ist, es sei denn eine Versorgung wie in Österreich ist danach garantiert. Undenkbar somit sind Abschiebungen in die typischen Herkunftsländer der Asylwerber, von Afghanistan über den Irak und Iran, denn um wie viel schlechter ist die Versorgung in diesen Ländern im Vergleich zu Griechenland.

Erkenntnisse

Wer die Grenze Österreichs überschreitet und einen Asylantrag stellt, findet dauerhaft Aufnahme in den Sozialstaat Österreich. Diese Aufnahme kann nur dann rückgängig gemacht werden, wenn die Versorgung im anderen Staat nicht schlechter ist als in Österreich. Alles andere ist Rassendiskriminierung unter Fremden.

 Verweis: https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Vfgh&Dokumentnummer=JFT_20200922_20E00670_00


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