Lehrer aus Afghanistan - besonders bedroht (VwGH)

Der Fall:  Ra 2020/18/0315

Es handelt sich um eine Berufung gegen ein Erkenntnis des BVwG, in dem einem afghanischen Staatsbürger das Asylrecht verweigert wurde. Die Berufung macht dagegen geltend, dass der afghanische Staatsbürger in seinem Heimatland als Lehrer tätig war und gemäß UNHCR-Richtlinien ein besonderes Risikoprofil vorliegt. Dies sei von der vorherigen Instanz zu wenig berücksichtigt worden. Zudem sei der Asylwerber vor seiner Flucht von den Taliban entführt und beschuldigt worden für das Christentum zu missionieren. In Zuge seiner Flucht habe er sich mit der christlichen Religion befasst und obwohl er nicht zum Christentum konvertiert sei, würden ihm dies die Taliban trotzdem nicht glauben. 

Das BVwG hatte diesen Fall nicht zur Revision beim VwGH zugelassen (da keine grundsätzlichen Rechtsfragen berührt sind). Die Berufung wurde aufgrund des Verweises auf die UNHCR Richtlinien dennoch angenommen.

Die Entscheidung

Der Berufung wurde nicht statt gegeben. Obwohl der Asylwerber tatsächlich - kurze Zeit - als Lehrer in Afghanistan gearbeitet hatte, ergibt sich daraus nicht automatisch ein Asylrecht. Die Gerichte haben das erhöhte Risikoprofil lediglich in der Einzelfall-Prüfung zu berücksichtigen, die aber negativ ausgefallen war. 

Asylwatch meint dazu

Auf der positiven Seite zu vermerken ist, dass was offenbar einer Klärung bedurft hatte - ehemalige Lehrer aus Afghanistan hätten automatisch Asylrecht - nun endlich geklärt wurde. Die UNHCR-Richtlinien erweisen sich als vollkommen entbehrlich: wird ein Einzelfall geprüft, dann wird ja ohnehin der Beruf und die eventuell daraus entstehende Bedrohung berücksichtigt. Beschäftigungstherapie für Höchstgerichte. 

Es verwundert zudem, wie es ein derart verschwurbelter Fall bis in den VwGH gebracht hat. Der Asylwerber bezeichnet sich nach Jahren des Aufenthalts in Österreich und Teilnahme in einem christlichen Gebetskreis noch immer als Moslem. Trotzdem soll er schon während seines Aufenthalts in Afghanistan von den Taliban entführt und der Missionierung für das Christentum beschuldigt worden sein. Wissenstand des "Missionars" über das Christentum zu diesem Zeitpunkt: Null. Erst im Zuge der Flucht folgt eine erste Begegnung. Der Asylwerber bleibt aber trotzdem Moslem und die Bedrohung besteht darin, dass ihm das "die Taliban" nicht glauben könnten. Nebenbei war der Asylwerber kurzzeitig auch Lehrer, was ihm nun noch ein Verfahren beim VwGH ermöglicht hatte.

Erkenntnisse

Viele Stunden an Verfahren und seitenweise Akten und das sogar vorm höchsten Verwaltungsgericht des Landes: das alles für eine behauptete Entführung durch die Taliban. Endlose Verfahren für eine ohne jeglichen Beweis (und ohne jegliche Logik) in den Raum gestellte Behauptung, "die Taliban" glauben, er sei Christ. Das Asylverfahren läuft seit 2. Juni 2015 und der Asylwerber ist noch immer in Österreich.

https://www.ris.bka.gv.at/JudikaturEntscheidung.wxe?Abfrage=Vwgh&Dokumentnummer=JWR_2020180315_20200821L01




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